Klara Braun

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HIER WOHNTE / ARBEITETE
KLARA BRAUN
GEB. SINGER
JG. 1870
HAUS,
GRUNDSTÜCKE
‚ARISIERT‘ 1943
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1938 WIEN
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 14.3.1944

 

Biografie Ignaz und Klara Braun – Stolpersteinverlegung Köflach 03.07.2022

(verfasst von Julia Stegmann, BA, Museum Köflach)

Klara Braun wurde am 21. Dezember 1870 als älteste Tochter von Rosa und Jakob Singer in Marikova, Westungarn, heute Dolná Mariková in der Nordwestslowakei, geboren. Die Familie ist oft umgezogen, immer dorthin wo der Vater Arbeit bekam. Schließlich ließ sich die Familie in Graz nieder. Klara hatte mehrere jüngere Geschwister: Gustav Singer, den früh verstorbenen Sigmund Singer, Marie Bander, Regine Bendiner und Samuel Singer.

Ignaz Braun wurde am 24. Oktober 1865 in Schlaining in Westungarn, heute die Stadtgemeinde Stadtschlaining im Burgenland, als Sohn des Kaufmannes Leopold Braun geboren. Ein Teil der Familie übersiedelte nach Köflach und Ignaz Braun lebte ab 1879 hier und war wie sein Vater als Kaufmann tätig. Ignaz hatte mehrere Schwestern: Johanna Heinrich, Ida Stier, Josefine Weiss und Kathi Löwy.

Am 24. April 1906 heirateten Ignaz und Klara und lebten danach in Köflach. Die Ehe blieb kinderlos. Von Klaras Seite der Familie wissen wir, dass viel Kontakt innerhalb der Familien bestand. Die Geschwister besuchten sich häufig gegenseitig und schickten einander ihre Kinder um ihnen Urlaube oder Ausbildungen zu ermöglichen.

Das Ehepaar Braun wohnte und arbeitete im Haus Köflach Nr. 15, heute Hauptplatz 9, und betrieb dort eine in der Umgebung sehr bekannte Gemischtwarenhandlung. Ihnen gehörten auch mehrere Häuser in Köflach und Rosental, die vor allem an Bergleute vermietet wurden, und ein Haus in Graz.

Hanns Koren erzählt in seinem 1975 erschienenen Werk „Momentaufnahmen. Menschen, die mir begegneten“ von der Gemischtwarenhandlung: „Der langgestreckte Laden des Ignaz Braun war keine bloße Gemischtwarenhandlung oder Greißlerei, in der die Kunden auf der Waage ein halbes Kilo Zucker, ein Kilo Mehl oder Salz zugewogen erhielten und Reis und Tee und Franck-Kaffee, Weinberln und andere Lebensmittel verkauft wurden. In einem Teil des Geschäftes haben auch Stoffe, fertige Schürzen und Wirkwaren ihren Platz gehabt. Hier bediente die Frau Klara. Sie war höher gewachsen als ihr Mann und trug, als ob es zu ihrem Gesicht gehört hätte, immer einen Zwicker auf der Nase. Der Ignaz Braun aber hatte stets eine Mütze auf dem Kopf, eine Sportmütze, wie sie dazumal in Mode war, mit einem steifen halbrunden Schirm auf der Stirne.“

Die Brauns waren als sehr gütige und verständnisvolle Menschen bekannt. Sie waren nachsichtig, wenn Leute mit der Miete in Verzug kamen. Kunden konnten immer anschreiben lassen, bis der ausstehende Betrag am Zahltag beglichen werden konnte. Auch Klara Brauns Großnichte Franziska Smolka erzählte dazu in einem Interview mit Centropa: „Klara und Ignaz waren in Köflach sehr bekannt, denn ihnen gehörte ein Warenhaus, in dem die Bergarbeiter anschreiben lassen konnten und den Betrag am Zahltag mit dem Lohn beglichen.“

Im April 1938 wurde Ignaz Braun in das Sanatorium Hansa in Graz eingeliefert. Er verstarb dort wenige Tage später am 27. April 1938 im Alter von 73 Jahren. Er wurde am jüdischen Friedhof in Graz begraben.

Als Erben von Ignaz Braun mussten Klara Braun und ihre Schwägerinnen am 28. Juni 1938 eine Vermögensanmeldung vorlegen. In Folge wurde ihr Besitz und Vermögen „arisiert“. Durch die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens waren sie gezwungen die Gemischtwarenhandlung und einen Teil der Grundstücke zu einem vorgeschriebenen Preis zu verkaufen. 1942/43 wurden mehrere Grundstücke durch das Deutsche Reich entschädigungslos beschlagnahmt. Auf einem der enteigneten Grundstücke begann man ein Wohnhaus für SS-Angehörige zu errichten, in diesem Gebäude befindet sich heute die Polizeiinspektion Köflach.

Nach dem Tod ihres Mannes zog Klara für kurze Zeit nach Graz zu ihrer Schwester Regine und ihrem Schwager Josef Bendiner in die Keplerstraße 49/II. Im selben Jahr musste sie zwangsweise nach Wien umziehen und in den folgenden Jahren in verschiedenen Sammelwohnungen leben. Die letzte dieser Sammelunterkünfte befand sich in der Große Stadtgutgasse 24/9 in der sie mit sechs anderen Personen untergebracht war, darunter ihre Schwägerinnen Johanna Heinrich, Josefine Weiss und Ida Stier. Am 13. August 1942 wurde sie mit dem Transport Nummer 35, einem sogenannten „Alterstransport“, in das Ghetto des KZ Theresienstadt deportiert. Sieben Tage später wurden auch ihre Schwägerinnen dorthin deportiert. Klara Braun wurde am 14. März 1944 im Alter von 74 Jahren im KZ Theresienstadt ermordet.

Centropa-www.centropa.org 1

 

Klara Braun mit Geschwistern, vermutlich in den 1920er Jahren: v. l. n. r. Regine Bendiner, Klara Braun, Marie Bander und Samuel Singer.

Quelle: Centropa – www.centropa.org

 

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Klara Braun mit Geschwistern vor ihrem Gemischtwarenladen in Köflach, vor 1938: v. r. n. l. Regine Bendiner, Samuel Singer (genannt Onkel Schmieder) und Klara Braun.

Quelle: Centropa – www.centropa.org

Haus Gemeinde Köflach (Siegl-Chronik)

Haus Gemeinde Köflach (Siegl-Chronik)

 

Verwendete Quellen und Literatur

Quellen:

Meldeamt Stadtgemeinde Köflach, Meldezettel Ignaz Braun.

Stadtgemeinde Köflach (Hg.): Köflacher Stadtrundgang, Köflach 2010, S. 13, Text: Hedwig Wingler.

Stadtgemeinde Köflach, Mappe „Erlässe Gesetze 1975-1985“, Straßenbenennung und Nummerierung Köflach.

Siegl Chronik, Bd. 1, S. 69 (ungedruckte Chronik der Stadt Köflach, Museum Köflach).

Siegl Chronik, Bd. 3, S. 17-19, 79 (ungedruckte Chronik der Stadt Köflach, Museum Köflach).

Stampfer, Ludwig: Chronik der Besitzveränderungen in den Gemeinden Pichling, Puchbach, Rosenthal, Gradenberg (incl. Weiern), 1910 fertiggestellt, S. 559, 695 (ungedruckte Pfarrchronik, Pfarramt Köflach).

Stampfer, Ludwig: Chronik der Besitzänderungen in der Marktgemeinde Köflach, S. 38, 215, 227,625 (ungedruckte Pfarrchronik, Pfarramt Köflach).

StLA, FLD-Rückstellungsakten 829/1951.

StLA, Grundbuch Köflach, EZ 6, KG. Köflach, Bauparzelle 40/1.

StLA, Grundbuch Köflach, EZ 132, KG. Köflach.

StLA, Klara Braun und Ignaz Braun, Ifd. Nr. 76-97 (88/89), Verzeichnis Nr. 17 822; Vermögensanmeldung.

StLA, Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Rk 26/48, Akt der Arisierungsstelle Graz 96L.G. (1948), EZ 48, KG. Rosenthal.

StLA, Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Rk 133/1952, EZ 453, LG. Köflach.

StLA, Rückstellungsverfahren 1947, Zl. 401, EZ 6 (722).

Recherche Dr. Hedwig Wingler, 2009.

Literatur:

Amschl, Martin. Der Nationalsozialismus im Kreis Voitsberg zwischen 1938 und 1945, Diss. Universität Graz, 2015, S. 205-206, 208-209.

Brunner, Walter (Hg.): Geschichte und Topographie des Bezirkes Voitsberg, Bd. 1: Allgemeiner Teil (=Große geschichtliche Landeskunde der Steiermark, hrsg. v. Josef Riegler, Bd. 5/II), Graz 2011, S. 182-183.

Koren, Hanns: Momentaufnahmen. Menschen, die mir begegneten, Graz 1975, S.97-99.

Schöggl-Ernst, Elisabeth: Die Arisierungsakten des Oberfinanzpräsidenten Graz. Die Übernahme des Aktenbestandes von der Finanzlandesdirektion Graz. In: MStLA 50 (2001), 357-366.

Wingler, Hedwig: Erinnertes und nicht Erinnertes. Texte (=Herausgegeben von Franz Dampfhofer, Verein Provinz-Aktion Weststeiermark), St. Stefan i.L. 2013, S. 9-11.

Onlinequellen:

Burgenländische Forschungsgesellschaft, Die burgenländisch-jüdischen Opfer der Shoah, Eintrag zu Josefine Weiss, http://www.forschungsgesellschaft.at/opferdatenbank/odb_d.php [letzter Zugriff 01.07.2022].

Centropa, Interview Franziska Smolka, https://www.centropa.org/de/biography/franziska-smolka [letzter Zugriff 01.07.2022].

DERLA, Digitale Erinnerungslandschaft, Gedenktafel für Ignaz und Klara Braun, https://gams.uni-graz.at/o:derla.sty149 [letzter Zugriff 01.07.2022].

DERLA, Digitale Erinnerungslandschaft, Grabsteininschrift in Gedenken an Klara Braun, https://gams.uni-graz.at/o:derla.sty484 [letzter Zugriff 01.07.2022].

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Opfersuche, Eintrag zu Klara Braun, www.doew.at [letzter Zugriff 01.07.2022].

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Opfersuche, Eintrag zu Johanna Heinrich, www.doew.at [letzter Zugriff 01.07.2022].

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Opfersuche, Eintrag zu Josefine Weiss, www.doew.at [letzter Zugriff 01.07.2022].

Holocaust.cz, Opferdatenbank, Eintrag zu Klara Braun, https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/48606-klara-braun/ [letzter Zugriff 01.07.2022].

Holocaust.cz, Opferdatenbank, Eintrag zu Johanna Heinrich, https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/51920-johanna-heinrich/ [letzter Zugriff 01.07.2022].

Holocaust.cz, Opferdatenbank, Eintrag zu Josefine Weiss, https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/60451-josefine-weiss/ [letzter Zugriff 01.07.2022].

Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Eintrag zu Klara Braun, https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=de&itemId=4826630&ind=1 [letzter Zugriff 01.07.2022].

Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Eintrag zu 2, Grosse Stadtgutgutgasse 24/9, https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&advancedSearch=true&wad_value=2,%20GR.OSSE%20STADTGUTGASSE%2024/9&wad_type=synonyms [letzter Zugriff 01.07.2022].

Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Eintrag zu Johanna Heinrich, https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4837961&ind=1 [letzter Zugriff 01.07.2022].

Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Eintrag zu Ida Stier, https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4813840&ind=1 [letzter Zugriff 01.07.2022].

Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer, Eintrag zu Josefine Weiss, https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=de&itemId=4820178&ind=1 [letzter Zugriff 01.07.2022].

https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1745-schlaining-burgenland-oesterreich [letzter Zugriff 01.07.2022].

 

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