Alois Blühweis

PDF ausdrucken
29. Mai 1876: Geburt Alois Blühweis in Kristovljan-Cestica, Varaždin (heute Kroatien)
24. August 1881: Geburt von Hermine Blühweis, geborene Jassniger, in Drosendorf, Niederösterreich
1. Juli 1906: Trauung von Alois und Hermine Blühweis in Graz
18. März 1907: Geburt der älteren Tochter Gertrude in Graz
Jahr 1916: Bezug der Wohnung in der Elisabethstraße 35
17. Oktober 1917: Kauf des Hauses Griesgasse 22
8. Februar 1926: Geburt von Tochter Helma in Graz
17. April 1934: Heirat von Gertrude Blühweis und Leone Endrizzi
17. Mai 1937: Hermine Blühweis verstirbt in Graz
9./10. November 1938: Alois Blühweis wird im Zuge der Pogromnacht schwer misshandelt
3. Dezember 1938: „Arisierung“ des Hauses Griesgasse 22 durch Georg Margutsch
9. Februar 1942: Verhaftung Alois Blühweis
Jahr 1942/1943: Ermordung im KZ Jasenovac
Alois Blühweis Quelle: Kai Bird, Crossing Mandelbaum Gate, London u.a., 302

Alois Blühweis
Quelle: Kai Bird, Crossing Mandelbaum Gate, London u.a., 302

Alois Blühweis kam um das Jahr 1900 nach Graz und wurde Lehrling von Eduard Hofmann in der Lederbranche. Er stammte aus der Region Varaždin, nordöstlich von Zagreb gelegen. Blühweis wurde Nachfolger Hofmanns und Alleininhaber des Ledergeschäftes in der Griesgasse 22.

Im Jahr 1906 heiratete der Kaufmann die 24jährige Hermine Jassniger, die aus Drosendorf a. d. Thaya in Niederösterreich stammte. Gemeinsam hatten sie zwei Töchter, Gertrude, die bereits ein Jahr später im März 1907 geboren wurde, und Helma Berta, die am 8. Februar 1926 in Graz das Licht der Welt erblickt. Nach mehreren Wohnungswechseln lebte die Familie seit Mitte des Ersten Weltkrieges in der Elisabethstraße 35. Zu dieser Zeit erwarb man auch das Haus Griesgasse 22, wo sich das Geschäft „Hofmann Eduard & Co“ befand.

Hochzeitsbild Alois und Hermine Blühweis 1. Juli 1906 © Helma Bliss-Goldmark

Hochzeitsbild Alois und Hermine Blühweis 1. Juli 1906
© Helma Bliss-Goldmark

Tochter Helma Blühweis besuchte die St. Andrae Volksschule und ging danach auf das Mädchenlyzeum in der Sackstraße. Schwester Gertrude heiratete im April 1934 den Italiener Leone Endrizzi und lebte später in Bressanone (Brixen), Südtirol. Nur drei Jahre später verstarb Ehefrau Hermine am 17. Mai 1937. Sie wurde am Grazer Zentralfriedhof bestattet. Alois Blühweis lebte ab diesem Zeitpunkt allein mit seiner Tochter Helma in der Griesgasse 22.

Mit dem „Anschluss“ im März 1938 begann eine unfassbare Leidensgeschichte für die beiden. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung erschien der Tapezierer Georg Margutsch, wohnhaft in der Griesgasse 33, in der Wohnung und nahm die Räumlichkeiten an sich. Vater und Tochter wurden ins Dienstbotenzimmer verwiesen, das nicht nur beengend war, sondern auch keine Fenster besaß. Hier lebten Alois und die 12jährige Helma Blühweis bis zum Jänner 1939. Bereits im Frühjahr hatte Helma die Schule verlassen müssen.

Alois Blühweis und Tochter Helma ca. 1931-32 © Helma Bliss-Goldmark

Alois Blühweis und Tochter Helma ca. 1931-32
© Helma Bliss-Goldmark

Am 14. Juli wurde Alois Blühweis gezwungen eine Vermögensanmeldung auszufüllen, Grundlage für die Beraubung jüdischen Vermögens und „Arisierung“ jüdischer Geschäfte und Immobilien. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen war es Georg Margutsch möglich, am 3. Dezember 1938 das Haus Griesgasse 22 in Besitz zu nehmen – genehmigt von der von den Nationalsozialisten eingerichteten Beraubungsinstitution „Vermögensverkehrsstelle“ am 6. Dezember 1938.

Schon ein Monat zuvor war Alois Blühweis im Zuge der Novemberpogrome schwer misshandelt worden. Nachdem man ihn aus der Wohnung geholt hatte, wurde er brutal geschlagen, seine Beine gebrochen und Zähne ausgeschlagen. Erst ein Milchausträger brachte den schwer Misshandelten wieder zurück nach Hause. Mehrere Tage erhielt Blühweis keine medizinische Betreuung und litt später an den Langzeitfolgen. Bis zum Jänner 1939 harrten sie im fensterlosen Zimmer aus, bevor sie nach Jugoslawien über die Grenze flüchten konnten.

Von Anfang Jänner bis Mitte des Monats dauerte ihre Flucht, Alois Blühweis noch schwer gezeichnet von den Übergriffen und auf Krücken unterwegs. In Zagreb angekommen, fanden sie Unterbringung bei Adele Horvath, einer Schwester von Alois Blühweis. Als Flüchtlinge wurden sie polizeilich gemeldet. Nachdem Tochter Helma nicht kroatisch sprechen konnte, war es ihr nicht möglich die Schule zu besuchen, sodass ihr eine Cousine Sprachunterricht gab. Gemeinsam mit ihrem Vater lebte sie schließlich bis zum April 1941, dem Einmarsch der Wehrmacht in Jugoslawien, bei den Verwandten.

Umgehend mit dem Überfall durch Hitler-Deutschland begann die Verfolgung und Stigmatisierung der jüdischen Bevölkerung. Die jüdische Familie musste ab diesem Zeitpunkt den Gelben Stern („Judenstern“) auf der Vorder- und Rückseite der Kleider tragen, durfte keine Parkanlagen betreten oder die Straßenbahn benutzen. Nahrungsmittel durften wiederum nur zu bestimmten Zeiten gekauft werden, meist dann, wenn sie bereits ausverkauft waren. Bereits wenige Tage nach dem deutschen Einmarsch erschienen Uniformierte und führten Hausdurchsuchungen durch, wobei sie Wertgegenstände raubten. Ein Vorgang, der sich in den nächsten sechs Monaten öfter wiederholen sollte. Der Familie wurde gleichzeitig mit Verhaftung und Deportation gedroht.

Am 9. Februar 1942 vormittags wurde Alois Blühweis verhaftet und nach ZBOR, einem Messegebäude in Zagreb, gebracht. Tochter Helma, gerade 16jährig, durfte ihren Vater dort besuchen und brachte ihm frische Wäsche und etwas zu Essen. Wenige Tage später wurde Alois Blühweis ins KZ Jasenovac deportiert, wo er Zwangsarbeit im Straßenbau leisten musste. Als er aufgrund seines Asthmas und der erlittenen körperlichen Gebrechen nicht die geforderte Leistung erbringen konnte, wurde er mit Steinschlägen Ende 1942 oder im Jahr 1943 ermordet.

Tochter Helma konnte sich den Häschern entziehen und schließlich nach Italien absetzen, wo sie im Juni 1944 die Befreiung durch die Alliierten erlebte.

Stolpersteine für Alois Blühweis und Tochter Helma Verlegung am 16. August 2016 mit Enkeltochter Susan Goldmark Foto: J.J. Kucek

Stolpersteine für Alois Blühweis und Tochter Helma
Verlegung am 16. August 2016 mit Enkeltochter Susan Goldmark
Foto: J.J. Kucek

Jüdische Opfer



VERBUNDENE GEDENKSTEINE

Helma Blühweis

Alois Blühweis

Elisabethstraße 35