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FRITZ KREISEL
- 1925
KINDERTRANSPORT 1939
ENGLAND
BRITISH ARMY

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Fritz Kreisel wurde am 12. Jänner 1925 in Graz geboren. Er war der der Sohn von Heinrich Kreisel (geb. am 21. Juli 1886 in Kolomea, heutige Ukraine) und Berta Kreisel (geb. am 31. Oktober 1901 in Zurawno, heutige Ukraine) und der Bruder von Georg Kreisel (geb. 15. September 1923 in Graz). Fritz Kreisel lebte mit seiner Familie in der Hüttenbrennergasse 26. Er ging ins Lichtenfelsgymnasium und war im Schuljahr 1937/38 in der dritten Klasse. Als Fritz fast 14 Jahre alt war, kamen er und sein Bruder Georg am 10.01.1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien. Dieses Ausreiseprogramm für jüdische Kinder aus dem Deutschen Reich wurde von jüdischen Hilfsorganisationen in Zusammenarbeit mit den Aufnahmeländern organisiert.
Der Vater von Fritz Kreisel, Heinrich Kreisel, war ein jüdischer Textil- und Lederhändler aus Galizien, sein Textilgeschäft in der Keplerstraße 84 wurde am 28. Oktober 1938 liquidiert. Georg Kreisels Vater wurde nach dem Novemberpogrom am 12. November 1938 ins KZ Dachau deportiert und am 6. Dezember 1938 wieder entlassen.
Heinrich Kreisel und seine Frau gehörten zu einer Gruppe von Juden, die im Spätsommer 1940 die Erlaubnis erhielten, aus dem Deutschen Reich nach Palästina auszuwandern. Vor der Küste Zyperns wurden sie jedoch von den Briten aufgegriffen und ins Internierungslager Atlit in Haifa gebracht. Später, im Dezember 1940, erfolgte die Deportation nach Mauritius, wo sie den Rest des Krieges verbrachten, weil Großbritannien sich weigerte, mehr jüdische Flüchtlinge in Palästina aufzunehmen. Der Aufenthalt im Lager war sehr hart für die Eltern. Sie konnten erst im August 1945 ins damalige Palästina ausreisen. Heinrich Kreisel starb am 31. August 1949 im Alter von 63 Jahren in Jerusalem. Ein Jahr später verstarb dort auch Berta Kreisel mit nur 49 Jahren. Die lange Haftzeit in Mauritius trug vermutlich zum frühen Tod der Eltern bei.
Als Fritz Kreisel 1939 mit seinem Bruder Georg nach Großbritannien kam, wurden sie zuerst in einem Flüchtlingslager namens „Dovercourt” untergebracht. Später kamen sie in ein anderes Lager namens „Lingwood“. Er wurde von John D. B. Edwards Familie bei sich zuhause aufgenommen. Fritz Kreisel sprach schon gut Englisch und wurde in die Klasse V Lower Arts der Dudly Grammar School eingeteilt. In dieser schwierigen Zeit übernahm das Mayor’s Refugee Committee die Verantwortung für seine Versorgung und Ausbildung. Er zeigte viel Anpassungsfähigkeit und wollte so schnell wie möglich selbstständig werden. 1941 schloss er seine schulische Ausbildung ab und fand Arbeit als Verkäufer bei Hills & Steele, einem beliebten Geschäft in Wolverhampton. Danach arbeitete er bei Stone’s Radio, einer nationalen Ladenkette.
1943 meldete er sich schließlich zur Armee. Wie viele andere Flüchtlinge nahm er einen englischen Decknamen an und nannte sich nun „Fred Edwards“, um an die Familie seines Freundes John D. B. Edwards zu erinnern. Nach einer Ausbildung in Schottland wurde er als Gefreiter dem Worcestershire Regiment zugeteilt und in der Nähe von Dudley stationiert. Während seiner Einsätze in Nordwesteuropa kämpfte er und half so bei den britischen Bemühungen im Zweiten Weltkrieg. 1945 war er Teil der britischen Besatzungsarmee in Deutschland und gehörte dem Intelligence Corps an.
Nachdem er im Jahr 1947 nach Großbritannien zurückgekehrt war und die britische Staatsbürgerschaft erhielt, war Fred Edwards eine Zeit lang im deutschen Kriegsgefangenenlager in Goathurst, in der Nähe von Bridgwater in Somerset, stationiert. Dort dürfte er als Dolmetscher gearbeitet haben. Es wird angenommen, dass er bis mindestens Ende 1949 in den Streitkräften blieb. Ein Eintrag im Wählerverzeichnis von November 1949 zeigt, dass Fred Edwards zusammen mit John D. B. Edwards in Netherton, Dudley, als Wähler registriert war. Doch ob Fred Edwards später auch studiert hat, bleibt ein Rätsel. Ab diesem Punkt verliert sich seine Spur und es gibt – im Gegensatz zu seinem berühmten Bruder – keine weiteren Informationen über sein Leben nach 1949.
Verfasst von: Fridolin Kahler-Ullepitsch (BG/BRG Lichtenfels)
Quellen:
Schularchiv BG/BRG Lichtenfels: Klassenkatalog des Schuljahres 1937/38
Meldebehörde Stadt Graz: Meldekarte Heinrich Kreisel, Meldekarte Berta Kreisel
Geni.com: https://www.geni.com/people/Fred-Edwards-Fritz-Kreisel/6000000203272140829?through=6000000203272192834 [letzter Zugriff Juni 2025]
HAWKINS, R. A. (2019). The Dudley Refugee Committee and the Kindertransport, 1938–1945. In: Jewish Historical Studies, 51, 183–201.
Archiv des Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI): Transportliste Kindertransport 10./11.01.1939
World Jewish Relief Archive: Case File Fritz Kreisel
Ronald Friedmann: Gefangen am Traumstrand. Juden auf Mauritius. In: Spiegel Geschichte vom 16.10.2009. (https://www.spiegel.de/geschichte/juden-auf-mauritius-a-948454.html; letzter Zugriff Juni 2025)

