Georg Kreisel

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GEORG KREISEL

  1. 1923

KINDERTRANSPORT 1939

ENGLAND

BRITISH NAVY

Georg Kreisel

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Georg Kreisel wurde am 15. September 1923 in Graz als Sohn von Heinrich Kreisel (geb. am 21.Juli 1886 in Kolomea, heutige Ukraine) und Berta Kreisel (geb. Wahrmann, am 31. Oktober 1901 in Zurawno, heutige Ukraine) geboren.  Sein Bruder war Fritz Kreisel (geb. am 12. Jänner 1925 in Graz). Damals lebte er in der Hüttenbrennergasse 26. Er ging ins Lichtenfelsgymnasium und war im Schuljahr 1937/38 in der 5a-Klasse. Als Georg 15 Jahre alt war, kamen er und sein Bruder Georg am 10.01.1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien. Dieses Ausreiseprogramm für jüdische Kinder aus dem Deutschen Reich wurde von jüdischen Hilfsorganisationen in Zusammenarbeit mit den Aufnahmeländern organisiert.

Der Vater von Georg Kreisel, Heinrich Kreisel, war ein jüdischer Textil- und Lederhändler aus Galizien, sein Textilgeschäft in der Keplerstraße 84 wurde am 28. Oktober 1938 liquidiert. Georg Kreisels Vater wurde nach dem Novemberpogrom am 12. November 1938 ins KZ Dachau deportiert und im 6. Dezember 1938 wieder entlassen.

Heinrich Kreisel und seine Frau gehörten zu einer Gruppe von Juden, die im Spätsommer 1940 die Erlaubnis erhielten, aus dem Deutschen Reich nach Palästina auszuwandern. Vor der Küste Zyperns wurden sie jedoch von den Briten aufgegriffen und ins Internierungslager Atlit in Haifa gebracht. Später, im Dezember 1940, erfolgte die Deportation nach Mauritius, wo sie den Rest des Krieges verbrachten, weil Großbritannien sich weigerte, mehr jüdische Flüchtlinge in Palästina aufzunehmen. Der Aufenthalt im Lager war sehr hart für die Eltern. Sie konnten erst im August 1945 ins damalige Palästina ausreisen. Heinrich Kreisel starb am 31. August 1949 im Alter von 63 Jahren in Jerusalem. Ein Jahr später verstarb dort auch Berta Kreisel mit nur 49 Jahren. Die lange Haftzeit in Mauritius trug vermutlich zum frühen Tod der Eltern bei.

Im Jänner 1939, nach seiner Ankunft in Großbritannien, wurde Georg Kreisel zunächst im Flüchtlingslager Dovercourt untergebracht.  Der Bürgermeisterausschuss für Flüchtlinge übernahm die Verantwortung für seine Versorgung und Bildung. Am 1. April 1939 wurde Dovercourt geschlossen und er kam nach Dudley. Den Lehrern auf der Dudley Grammar School wurde schnell klar, dass es sich bei Georg Kreisel um ein Mathematikgenie handelte. 1941 schloss er sein Abitur ab. Mit 19 kam er nach Cambridge, wo er sein Mathematik Studium am Trinity College startete. Seinen Bachelor schloss er 1944 ab.

Während des Zweiten Weltkriegs war Georg Kreisel im Admirality Research Laboratory (ARL) beschäftigt, indem er die Auswirkungen von Wellen auf die schwimmenden Häfen für die D-Day-Invasion berechnete. Er arbeitete eng mit dem bekannten Physiker und Molekularbiologen Francis Crick zusammen und erreichte am Ende des Krieges den Rang eines Leutnants der Royal Naval Volunteer Reserve.

Nach dem Krieg setzte Kreisel seine Karriere in der Mathematik fort und erlangte internationalen Ruhm.  Er pflegte enge Freundschaften mit Persönlichkeiten wie Iris Murdoch, einer bekannten anglo-irischen Schriftstellerin und Philosophin. Ab 1962 lehrte er an der Stanford University und arbeitete auf bedeutenden Gebieten der Logik, insbesondere der Beweistheorie. Sein „Entwicklungsprogramm“, mit dem er versuchte, konstruktive Inhalte aus nicht-konstruktiven Beweisen zu extrahieren, brachte ihm große Anerkennung. 1966 wurde er in die Royal Society, einer nationalen britischen Gelehrtengesellschaft, aufgenommen. Nach seiner Pensionierung lebte er in Salzburg und schrieb Biografien berühmter Mathematiker. Bis zu seinem Tod mit 91 Jahren im Jahr 2015 blieb er ein anerkannter Wissenschaftler. Er wurde am Kommunalfriedhof der Stadt Salzburg begraben.

Autor: Tamino Tschernatsch (BG/BRG Lichtenfels)

Quellen:

Schularchiv BG/BRG Lichtenfels: Klassenkatalog des Schuljahres 1937/38
Meldebehörde Stadt Graz: Meldekarte Heinrich Kreisel, Meldekarte Berta Kreisel, Meldekarte Georg Kreisel
Geni.com: https://www.geni.com/people/Georg-Kreisel/6000000203271146959?through=6000000203272192834 [letzter Zugriff Juni 2025]
HAWKINS, R. A. (2019). The Dudley Refugee Committee and the Kindertransport, 1938–1945. In: Jewish Historical Studies, 51, 183–201.
Archiv des Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI): Transportliste Kindertransport 10./11.01.1939
World Jewish Relief Archive: Case File Georg Kreisel
Weingartner Paul, Leeb Hans-Peter (Hrsg.): Kreisel’s Interests. On the Foundations of Logic and Mathematics. College Publications: 2020.
Ronald Friedmann: Gefangen am Traumstrand. Juden auf Mauritius. In: Spiegel Geschichte vom 16.10.2009. (https://www.spiegel.de/geschichte/juden-auf-mauritius-a-948454.html; letzter Zugriff Juni 2025)

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