Herbert Kandel

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HERBERT KANDEL

  1. 1926

FLUCHT 1939

BELGIEN

WIDERSTAND 1940

Ö. FREIHEITSBATAILLONE 1944

Verbundene Gedenksteine

Fritz Kraus

Fritz Kreisel

Georg Kreisel

Ernst Rosner

Otmar Silberstein

Walter Berger

Herbert Kandel wurde am 9. Jänner 1926 in Graz geboren. Von seiner Geburt bis zum Jahr 1939 lebte er gemeinsam mit seiner Mutter Maria Kandel (geb. Gelbard, am 18. März 1893), seinem Vater, dem Rechtsanwalt Nathan Kandel (geb. am 13. Oktober 1891), der ab seiner Zeit als Student auch den Vornamen Norbert angab, und seinem Bruder Paul (geb. am 16. Juli 1920) in der Sparbersbachgasse 48 in Graz. Beide Elternteile kamen ursprünglich aus Galizien in der heutigen Ukraine: Norbert Kandel stammte aus Mościska und Maria Kandel aus Podwołoczyska. Trotzdem sprach Herbert Kandel muttersprachlich Deutsch und besaß die österreichische Staatsbürgerschaft.

Im Schuljahr 1937/38 besuchte er die 3a-Klasse des Lichtenfelsgymnasiums, wurde aber am Ende des Jahres wegen seines jüdischen Religionsbekenntnisses der Schule verwiesen. Mit der Zeit wurde der Druck des NS-Regimes auf die Juden immer größer. Im Mai 1938 wurde seinem Vater Norbert Kandel die Ausübung seines Berufes verboten. Schon in den ersten Monaten nach dem „Anschluss“ versuchte die Familie auszuwandern, was aber vorerst misslang. Während der Novemberpogrome wurden Paul und Norbert Kandel ins Konzentrationslager Dachau deportiert, wo sie bis zum 6. bzw. 20. Dezember inhaftiert waren. Im Mai 1939 gelang schließlich die Flucht ins Ausland und Herbert Kandel kam nach Brüssel, während sein Bruder Paul schon im März in die USA geflohen war.

In Brüssel lebte die Familie in der 57 Rue d’Anderlecht. Herbert Kandel lernte in dieser Zeit auch das Handwerk der Schneiderei. Doch 1940 marschierten die Nationalsozialisten in Belgien ein. Herberts Vater Norbert Kandel wurde von der Gestapo verhaftet und ins Internierungslager St. Cyprien gebracht. Später wurde dieser nach Gürs und Le Milles überstellt. 1942 wurde er über Drancy nach Auschwitz deportiert und 1945 nach Mauthausen, wo er am 31. Jänner 1945 ermordet wurde.

Herbert und Maria Kandel schafften es zunächst, nicht verhaftet zu werden und konnten vor der Gestapo fliehen. Später wurde Maria dennoch verhaftet, sie blieb bis zur Befreiung Belgiens 1944 in Haft. Schon ab ungefähr 1940 war Herbert im Widerstand gegen das NS-Regime tätig. Er engagierte sich in einer kommunistischen Gruppe, die einerseits versuchte, mit „Pickerln”, einer eigenen Zeitung und anderer Öffentlichkeitsarbeit mehr Leute von der Unabhängigkeit Österreichs und der Sinnlosigkeit des Krieges zu überzeugen, andererseits auch bewaffneten Widerstand ausübte, zum Beispiel sprengte sie deutsche Wehrmachtfahrzeuge, PKWs und LKWs. Nach einer schweren Schusswunde am Kopf, die ihm im August 1943 von der Wehrmacht zugefügt worden war, während er Flugblätter in einen Kasernenhof geworfen hatte, kämpften Herbert Kandel und seine Gruppe in der belgischen Partisanenarmee weiter.

Als Belgien 1944 befreit wurde, zog er nach Jugoslawien und schloss sich dem Österreichischen Freiheitsbataillon an. Dies war eine Gruppe von Freiheitskämpfern aus Österreich, die zusammen mit den jugoslawischen Partisanen kämpften und hauptsächlich im heutigen Slowenien tätig waren. Mit dieser Gruppe kam er im Juni 1945 nach Wien. Später zog auch seine Mutter Maria wieder nach Österreich. Auch Herberts Bruder Paul kam 1954 wieder zurück ins Land. Dieser hatte bis 1946 in der US-Armee gedient und bekam später zwei Kinder.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Herbert Kandel bei der Wiener Polizei und gehörte zur Gruppe der „Polizeikommunisten”. So bezeichnete man die zahlreichen Mitglieder der KPÖ, die kurz nach der Befreiung im Mai 1945 in den Dienst der Wiener Polizei eintraten. Sein restliches Leben verbrachte er in Wien, wo er schließlich am 7. August 2001 verstarb, und am Friedhof Feuerhalle-Simmering begraben wurde.

Verfasst von: Markus Schreiber (BG/BRG Lichtenfels)

 

Quellen:

Schularchiv BG/BRG Lichtenfels: Klassenkatalog Schuljahr 1937/38
Geni.com:

[letzter Zugriff jeweils Juni 2025]

Biografie für Norbert Kandel: https://www.stolpersteine-graz.at/veranstaltungen/stolpersteinverlegung-fuer-die-familie-carmiel-und-kandel/ [letzter Zugriff Juni 2025]
Gedenkstätte Yad Vashem: https://collections.yadvashem.org/en/names/4961497 [letzter Zugriff Juni 2025]
KZ Gedenkstätte Dachau: Zugangsbuch, Häftlingsnummern 017847 – 023756 (https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/130429501?s=Nathan%20Kandel&t=532939&p=0; letzter Zugriff Juni 2025)
Selbstgeschriebener Lebenslauf von Herbert Kandel In: Heimo Halbrainer / Gerald Lamprecht (Hg.): Jüdischer Gries. Eine Spurensuche. CLIO: Graz 2022.
Wissenschaftliche Artikel und Zeitungsberichte:

Privat: Brief von Herbert Kandel an seinen Onkel Moritz vom 26.2.1940

Jüdische Opfer



Herbert Kandel

Lichtenfelsgasse 3/5, 8010 Graz