Walter Berger

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WALTER BERGER

  1. 1921

FLUCHT 1939

ENGLAND

INTERNIERT 1940

AUSTRALIEN

BRITISH ARMY 1943

KRIEGSGEFANGENSCHAFT 1944

BEFREIT APRIL 1945

Verbundene Gedenksteine

Fritz Kraus

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Otmar Silberstein

Walter Hermann Berger wurde am 2. Dezember 1921 in Graz geboren. Er war der Sohn von Ignaz Berger, geboren am 7. Oktober 1875 in Sološnica (heutige Slowakei), und dessen Frau Olga Berger (geb. Deutsch, am 10. August oder nach anderen Angaben am 24. August 1887 in Walpersbach, Niederösterreich) und Schüler des Lichtenfelsgymnasiums, bis er nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 am Ende des Schuljahres 1937/38 von der Schule verwiesen wurde. Seine schulischen Leistungen waren gut, außerdem beherrschte er Instrumente wie die Violine, das Klavier und die Harmonika. Im darauffolgenden Jahr besuchte Walter Berger das jüdische Chajes-Realgymnasium in Wien, wo er zuletzt mit seinen Eltern am Esteplatz 7 wohnte. Im Alter von 17 Jahren konnte er am 8. Mai 1939 nach London flüchten.

Sein Vater, Ignaz Berger, war Direktor beim Grazer Kaufhaus Kastner & Öhler und heiratete Olga Deutsch am 23. Februar 1913 in Graz, wo auch ihre Tochter, Walters ältere Schwester, Martha Berger (später verh. Sommer) am 21. Dezember 1913 auf die Welt kam. Die Schwester konnte bereits im November 1938 nach England flüchten. Ignaz und Olga Berger mussten im Dezember 1938 zwangsweise nach Wien verziehen, wo sie zuletzt in der Flossgasse 9 gemeldet waren. Dabei handelte es sich um eine Sammelwohnung, in der mehrere jüdische Familien zusammenleben mussten. Beiden Elternteilen gelang es nicht zu emigrieren. Sie wurden im Jahr 1941 von Wien nach Minsk (Weißrussland) deportiert und wurden dort vermutlich ermordet. Es ist unklar, wann genau sie wirklich starben, aber sie wurden 1948 rückwirkend mit dem Sterbedatum 8. Mai 1945 (Kriegsende) offiziell für tot erklärt.

Das Vermögen der Familie wurde eingezogen. Interessanterweise wurde das Haus Elisabethinergasse 34, das zu je einem Drittel Olga, Martha und Walter Berger gehört, nicht „arisiert“. Stattdessen wurde am 13. Oktober 1938 das NSDAP-Mitglied Anton Zeischegg als Verwalter eingesetzt. Erst am 27. Juni 1944 verleibte sich die Reichsfinanzverwaltung das gesamte Eigentum am Haus ein und Olga, Martha und Walter Berger wurden offiziell enteignet.

Nach der Kriegserklärung des Vereinigten Königreichs an das Deutsche Reich am 3. September 1939 wurde Walter Berger – wie viele andere deutsche und österreichische Juden und Geflüchtete – als „Enemy Alien“ („Ausländer aus Feindländern“) eingestuft. Daraufhin wurde er am 16. Mai 1940 verhaftet und am 10. Juli 1940 auf der HMT Dunera mit 2.541 anderen Passagieren nach Australien deportiert. Im darauffolgenden Jahr konnte er jedoch wieder nach England zurückkehren. 1943 ließ er seinen Namen in Walter Leslie Bennett ändern.

Da sich seit Anfang des Jahres 1943 auch als feindlich eingestufte Ausländer zur Armee melden konnten, trat Walter Berger den britischen Panzertruppen bei. Er war Teil des Regiments 8th King’s Royal Irish Hussars. Mit seiner Truppe landete er zwei Tage nach dem D-Day in der Normandie und kämpfte dort gegen die Wehrmacht. Nach kurzer Zeit wurde jedoch die gesamte Besatzung seines Panzers gefangen genommen. Eine heikle Situation für Walter Berger, dem es jedoch gelang, durch die Namensänderung seine wahre Identität zu verbergen. Seine guten Deutschkenntnisse erklärte er damit, dass die Familie seiner Mutter ursprünglich aus der Schweiz stammte. Im Zuge der Kriegsgefangenschaft kam er zuerst nach Limburg (Stalag XII A) und danach nach Mühlberg (Stalag IVB&G). Im September 1944 wurde er zu einem Arbeitskommando in einen Steinbruch in der Nähe von Colmen-Hoehlitz abkommandiert. Ende April 1945 wurde er von amerikanischen Truppen befreit und kehrte Anfang Mai wieder nach England zurück.

Bald darauf heiratete er im August 1945 Renate Stein (geb. 2. Oktober 1921 in Wien) in Birmingham. Die beiden wurden Eltern einer Tochter, Madeleine Bennett. Seine verbleibende Zeit bei der Armee bis zum Oktober 1946 verbrachte er als Dolmetscher in einem Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten in Bury St. Edmunds, Suffolk. Als britischer Staatsbürger wurde er offiziell erst im Jahr 1947 anerkannt (Certificate of Naturalization). Nach zehn Jahren in England entschloss er sich schließlich 1956 mit seiner Familie nach Australien auszuwandern und arbeitete dort als Kaufmann.

Walter Berger und seine Schwester Martha Sommer bemühten sich nach 1945 darum, das entzogenen Vermögen der Familie wiederzubekommen. Während den beiden das Haus Elisabethinergasse 34 bereits am 30. Oktober 1948 je zur Hälfte wieder zurückerstattet wurde, zog sich die Abgeltung des weiteren Vermögensverlusts durch den Fonds zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter bis ins Jahr 1969, worüber Walter Berger in einem Brief große Frustration ausdrückte, speziell aufgrund der schleppenden Vorgehensweise in Österreich im Vergleich zu Deutschland. Außerdem beantragte Walter Berger 1954 nach dem Opferfürsorgegesetz Haftentschädigung für seine ermordeten Eltern und erhielt diese 1956 auch.

Am 23. August 2012 verstarb Walter Leslie Bennett (Walter Hermann Berger) im Alter von 90 Jahren in Australien. Er wurde im French’s Forest Cemetery (Northern Beaches Council, NSW) begraben. Seine Schwester, Martha Sommer, lebte nach 1945 in Schweden. Sie verstarb am 25. März 2001 in Stockholm und liegt dort am Friedhof Skogskyrkogarden begraben.

Verfasst von: Valentina Ajdanov & Ilva Reiß (BG/BRG Lichtenfels)

Quellen:

Schularchiv BG/BRG Lichtenfels: Klassenkatalog Schuljahr 1937/38
Geni.com: https://www.geni.com/people/Walter-Leslie-Bennett-Walter-Hermann-Berger/6000000108362214004?through=6000000097090329074 [letzter Zugriff Juni 2025]
The National Archives of the UK (TNA): Certificate of Naturalization (Walter Leslie Bennett), War Office: German record card of British Prisoner of War Walter L Bennett (WO 416/27/242)
Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA): Akten des Abgeltungsfonds für Ignaz Berger und Olga Berger, Akten der Finanzlandesdirektion für Walter Berger, Vermögensanmeldung Ignaz Berger, Akten der Finanzlandesdirektion für Olga Berger, Akten der Finanzlandesdirektion für Martha Berger, Vermögensanmeldung Martha Berger
Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA): Opferfürsorgeakten Ignaz Berger
National Archives of Australia (NAA): Prisoners of War Information Bureau (MP1103/2)
Brief von Walter Berger über seine Kriegsgefangenschaft in Deutschland. In: Dunera News No. 24, June 1992, S. 12-17.
Archiv des Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI): Eigenhändig verfasste Biografie vom 29. Jänner 1939, Briefe von Ignaz Berger an die Israelitische Kultusgemeinde in Wien vom 25. Dezember 1938, 16. Jänner 1939 und 28. Jänner 1939

Jüdische Opfer



Walter Berger

Lichtenfelsgasse 3/5, 8010 Graz